Tagesausflug am 9. Mai 2015
Nach unserer Ankunft im Fichtelgebirge stand zunächst der Ochsenkopf auf dem Programm. Mit der Seilbahn fuhren wir hoch zum Gipfel. Goethe hatte in Begleitung diesen Gipfel besucht, dort meteorologische Beobachtungen durchgeführt. Von besonderem Interesse ist jedoch seine Entdeckung einer merkwürdigen Bergwiese, die er dann in Begleitung seines Freundes Knebel und eines Botanikers besichtigte. Die kleine Gruppe stieg dazu durch mehrere kurios durcheinander liegende Granitmassen hinab. Dort entdeckten sie nicht nur die Moosbeere, sondern auch den fleischfressenden Sonnentau. Einige tote Insekten befanden sich zwischen den Fanghärchen. Goethes Entdeckung war zweifelsfrei richtig, doch wurde sie seinerzeit von Fachbotanikern vehement bestritten. Kein Geringerer als Charles Darwin bestätigte wenige Jahrzehnte Goethes Entdeckung.
Wir stärkten uns in der Baude und fuhren anschließend mit der Seilbahn wieder ins Tal. Nun stand das berühmte Felsenlabyrinth der Luisenburg bei Wunsiedel auf dem Programm. Da nicht alle gut zu Fuß waren, teilten wir uns konditionsgemäß in zwei Gruppen. Unsere Führerin zeigte uns die imposanten mächtigen Felsgebilde, darunter auch die so genannten „Wollsäcke“, „Napoleons Hut“ und „Helgoland“. Letztere Bezeichnungen gehen auf Napoleons Kontinentalsperre zurück; über die Insel Helgoland gelangte Schmuggelware, insbesondere Rohrzucker, auch nach Wunsiedel, wo sich Zuckerraffinerien befanden.
Entgegen der Auffassungen der Plutonisten, die die Entstehung der Gesteine vor allem auf heftige Ereignisse, wie Erdbeben und Vulkanausbrüche zurückführten, gelangte Goethe zu einer, auch in der heutigen Geologie noch gültigen Erklärung. Die merkwürdigen Gebilde sind über Jahrtausende hinweg durch Erosion, Frostaufbrüche, Fließerden u. ä. entstanden.
Das Seehaus zu finden, gestaltete sich ein wenig schwierig, dennoch war der Zeitverlust von einer halben Stunde noch zu akzeptieren. Hier oben folgte Goethe dem Paschenbach, schlussfolgerte den richtigen Standort des Weißen Mains. Am Seehaus beobachtete er voller Respekt die Arbeit der Bergleute, die winzige Zinnkügelchen aus dem lehmichten Wasser gewannen. Viel Erfahrung und ein scharfes Auge waren hierfür vonnöten.
Wir stärkten uns im Seehaus und fuhren mit vielfältigen Eindrücken wieder nach Hause.
Auf dem Ochsenkopf kam die Frage auf, woher dieser merkwürdige Name denn stamme.
Auf Nachfrage teilte Adrian Roßner vom Fichtelgebirgsverein folgendes mit:
Sehr geehrter Herr Kemter,
Von unserer Geschäftsstelle kam heute eine Weiterleitung Ihrer Anfrage in mein
Postfach, sodass ich versuchen will, den Namen dieser zweithöchsten Erhebung
unseres Fichtelgebirges – wenigstens in Ansätzen – zu erklären. Fakt nämlich
ist, dass sich die Geister über die Herkunft dieser recht seltsam anmutenden
Bezeichnung scheiden und sie ohnehin erst im Zuge des späten 17. Jahrhunderts
fassbar wird. Frühere Beschreibungen bspw. aus der Feder Caspar Bruschius
schweigen sich komplett über den Namen aus und auch beim „Teutschen Paradeiß“
des Magisters Will heißt es lediglich: „Die höchste Spitze des Berges heißet von
Alters her der Ochsen-Kopf, ohne dass man weiß, warumb (sic).“ Wie es stets zu
beobachten ist, wenn Menschen verzweifelt auf der Suche nach dem Sinn und Unsinn
diverser althergebrachter Begebenheiten sind, ranken sich denn schließlich um
den Ochsenkopf unzählige Mythen und Legenden. Angefangen von einem heidnischen
Tierkult, der einst in Anbetung des Sonnengottes dort oben vollzogen worden sein
soll, über folgende Erzählung ist dabei alles vertreten:
Einst wandelte der Herr Jesus Christus auf der Erde, was eine große Freude für
sie war. So geschah es denn auch, dass sie sich, als er wieder gen Himmel fahren
wollte, an seine Füße hing und ihn nicht gehen lassen wollte. Da beschwor der
Herr Wolken herauf, die seine Beine befreiten und aufgrund deren weißer Farbe
die entstandene Erhebung bis heute „Schneeberg“ heißt. Der Teufel war dadurch
derart in Rage geraten, dass er sich als Erlöser ausgab und ebenfalls auf die
Erde stieg. Diese wiederum klammerte sich erneut an die Beine des gen Himmel
Auffahrenden, erkannte jedoch schnell, dass es sich dabei nicht um den Sohn
Gottes handelte, sondern um den gefallenen Engel. Da erschrak sie, ließ los und
rief: „Was bin ich doch für ein Ochsenkopf“.
Um die ganze Geschichte ein wenig abzukürzen, stimmt keine der eben angebotenen
Erklärungen mit den Tatsachen überein – vielmehr handelt es sich beim Namen um
eine Ableitung von einer einem stilisierten Ochsenkopf gleichenden
Form/Ritzzeichnung am Gipfel des Berges. Auch über deren Bedeutung stritten sich
die Gelehrten, ehe man darauf kam, dass es sich dabei am ehesten um ein Zeichen
der Venediger handeln könnte. Über diese „Schatzsucher des Fichtelgebirges“ habe
ich vor einiger Zeit einen Beitrag in unserem Siebenstern veröffentlicht, den
ich Ihnen hier hinterlege:
https://app.box.com/s/al1qw016t5efuob4nvuj
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit ein wenig weiterhelfen und verbleibe
Mit lieben Grüßen,
Adrian Roßner