Wenn man kein Liebchen erwartet, gibt’s keine Nacht mehr – Goethe und die Liebe
Vortrag von Dr. Egon Freitag, Weimar
Zunächst gab der Referent einen Überblick über die vielfältigen Frauenbekanntschaften und Liebschaften Goethes. Der Dichter wohnte zwar am Frauenplan, so führte der Referent seinen amüsanten Vortrag weiter aus, aber er hatte keinen „Frauenplan“.
In vielen Werken spielte die Liebe eine maßgebende Rolle.Frauen und die Liebe waren für ihn stets eine Quelle literarischer Inspiration
Markantes Beispiel ist Frau von Stein. Wir können uns ein Bild von dieser Liaison machen, weil zumindest Goethes Briefe an sie erhalten sind. Die Stein hat Goethes Werben jedoch stets in die Schranken gewiesen. Offenbar war ihre Beziehung rein platonischer Natur gewesen. Aber hierzu regte sich Widerspruch. Einige Autoren vermuten, dass es dennoch eine körperlich erfüllte Liebe gab. 1781 soll sich Goethes asketisches „Noviziat“ erledigt haben. Es bleibt ebenso eine Hypothese, wie die Annahme einer verbotenen Liebe zu Anna Amalia. Die Herzoginwitwe beförderte immerhin Goethes Schaffen, im Liebhabertheater wurde Goetes „Fischerin“ uraufgeführt. Auch komponierte die Herzogin, schenkte Goethes Lustspiel „Erwin und Elmire“ ihre Musik, ebenso zum „Jahrmarktfest von Plundersweilern“ und „Paleophron und Neoterpe“.
Seine erotischen Abenteuer in Italien verarbeitete Goethe beispielsweise in den „Römischen Elegien“ und „Venezianischen Epigrammen“. Zu Ersteren, in Schillers „Horen“, erschienen merkte Gymnasialdirektor Karl August Böttiger entrüstet an, die „Horen“ müssten jetzt eigentlich mit einem „u“ geschrieben werden.
Am 12. Juli 1788 traf Goethe im Park an der Ilm eine hübsche, braungelockte 23-Jährige, in die er sich sofort verliebte: Christiane Vulpius. 28 Jahre dauerte ihre Verbindung, die ersten zehn als Liebesverältnis, die restliche Zeit als Ehebündnis. „Lass dich, Geliebte, nicht reun, dass du mir so schnell dich ergeben! Glaub‘ es, ich denke nicht frech, denke nicht niedrig von dir“, versicherte er. Sie war sein „Bettschatz“ und er verbrachte viele „Schlampampsstündchen“, in ihrer intimen Geheimsprache „Schäferstündchen“ mit ihr. Sie selbst bekundete oft, sie sei „hasig“, liebeslüstern. 1792, während der Kampagne in Frankreich pries er die dortigen schönen breiten Betten. Die Betten zu Haus hatten oft zu leiden, wie diverse Handwerkerrechnungen bezeugen. Dort heißt es beispielsweise: „Bett beschlagen, 6 Paar zerbrochene Bänder.“ – Kurz darauf: „Noch ein neues Bett beschlagen zum Unterschieben.“ Goethe schreibt: „Uns ergötzen die Freuden desd echten nacketen Amors/Und des geschaukelten Betts lieblich knarrender Ton.“
Der Hof war entrüstet, dass Goethe ein einfaches Mädchen aus dem Volke geheiratet hatte. Es blühte der Klatsch, so hieß es von „Goethes dicker Hälfte“, von „Mägdenatur“ und „Blutwurst“. Nur Goethes Mutter, die von Christiane in Frankfurt/M. besucht wurde, fand Gefallen an ihr. Auch Adele Schopenhauer, die in Weimar einen Salon unterhielt, fand Goethes Frau akzeptabel, so dass man der nunmehrigen „Frau Geheimrätin zumindest eine Tasse Tee anbieten“ könne..
In ihrem Briefwechsel pflegten Beide ihre Geheimsprache. Flirten hieß „Äugelchen machen“. Christiane war oft eifersüchtig. Andererseits war es auch Goethe, denn seine Christiane war lebenslustig, tanzte gern. Als sie zur Kur weilte, mahnte Goethe: „Mit den Äugelchen geht es, merke ich, ein wenig stark, nimm Dich nur in Acht, dass keine Augen draus werden.“
Am 25. Dezember 1789 wurde Sohn August geboren. Herzog Carl August übernahm allen Klatsch zum Trotz die Patenschaft. Vier weitere Kinder starben kurz nach der Geburt.
Nach Christianes Tod 1816 fand der Dichter in Ulrike von Levetzow seine letzte Liebe. Sie sei „die lieblichste der lieblichen Gestalten“. Er, der 74-Jährige, wollte sie 1823 heiraten. Ihr wurde vom Großherzog ein reichliches Jahressalär von 10 000 Talern versprochen, sie könne die erste Dame am Hofe werden. Am 28. August 1823, zu Goethes Geburtstag, kam es zur letzten Begegnung in Karlsbad. Goethes Antrag wurde abgelehnt. Ein schmerzlicher Abschied. Aus diesem Schmerz heraus entstand die berühmte „Marienbader Elegie“. Er betrachtete sie als sein Heiligtum wie auch Ulrikes Handschuhe, die er von ihr geschenkt bekam. Ulrike von Levetzow starb 1899 mit 95 Jahren.